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Die Grenzen der Meinungsfreiheit
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Medial gelyncht - die unkontrollierte Macht im Staate
Kultur des Umgangs in unserem Land hat schweren Schaden erlitten
21.02.2012

Zwei über das Tagesgeschehen hinausblickende Leserbriefe in der Süddeutschen Zeitung vom 21.02.2012 zum Fall Wulff, die unabhängig vom Anlass Beachtung verdienen.

Nun hat die Medienjagd vielleicht ein Ende. Die Kultur des Umgangs in unserem Land aber hat zweifellos schweren Schaden erlitten - und der wirkt weiter. Es ist beschämend, dass sich manche Journalisten aufgespielt haben wie das Jüngste Gericht. Dabei hat Michelangelo in seinem berühmten Gemälde in der Sixtinischen Kapelle keinen Zeitungsschreiber an die Seite Christi, den Weltenrichter, gestellt. Ein großes Versäumnis, wie sich jetzt zeigt. Die zuständigen Gerichte sind nicht gefragt, ge- und auch verurteilt haben längst die Medien. Zwar immer im Konjunktiv, aber mit ständigen Wiederholungen nicht bewiesener Vorwürfe. Sogar das Bobbycar, Geschenk einer Autofirma an die Wulffs, wird zur Staatsaktion hochstilisiert. Da wird ein Gebäude, das Wulff betreten hat, als kontaminiert bezeichnet.
Wer sich in die 400 Fragen der Journalisten an den ehemaligen Bundespräsidenten eingelesen hat, musste sich fragen, in welchem Staat wir eigentlich leben, solch blödsinnige Fragen finden sich dort. Die Arroganz und der verletzende Ton der Medien waren nicht mehr zu überbieten. Selbstverständlich wurde ihrerseits auch darauf verwiesen, dass die Unschuldsvermutung immer noch gilt. Noch ist tatsächlich nicht erwiesen, ob Christian Wulff gegen ein Gesetz verstoßen hat - aber ihn hat die Medienbande verstoßen, die unkontrollierte Macht im Staate. Das ist ein ganz neues Problem, dem sich die Politik bald stellen muss.
Robert Fischer
Vaterstetten

... Und dann kam Wulffs zweiter Fehler: Er forderte eine Tageszeitung heraus, die gerade dabei ist, die Meinungsführung in den Medien in Deutschland an sich zu reißen. Kaum ein Politiker wagt es noch, dieser Zeitung ein Interview zu verweigern, ganz zu schweigen davon, Kritik an diesem Boulevardblatt zu äußern. Die atemlose Leere, die bleibt, nachdem unsere Presse unseren Präsidenten quasi medial gelyncht hat, beschreibt niemand.
Journalistische Freiheit ist ein hohes Gut und darf nicht angetastet werden. Sie hat und wird viele Vergehen und Machtmissbrauch aufdecken. Auch im Falle Wulff hat sie Sinnvolles bewirkt. Wenn aber Journalisten so einheitlich "ins gleiche Horn" stoßen und eine Medienkampagne sich quasi verselbständigt, so drängt sich der Verdacht auf, dass in der Presse eine Machtkonzentration stattgefunden hat, die einer Demokratie nicht gerecht wird. 
Dr. Klaus Hartmann
Heidelberg